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Eine zeitgemäße und ganzheitliche Begabungsförderung dient dem Ziel, die Potentiale aller Kinder und Jugendlichen zu entdecken und bestmöglich zu fördern. Damit sich eine Begabung optimal entfalten kann, bedarf es der individuellen und wertschätzenden Begleitung und Förderung. Diese gelingt nur Hand in Hand. Hier finden Sie einen Überblick über die vielfältigen Förder- und Beratungsangebote in Berlin.
Mittlerweile hat sich ein multidimensionaler Begabungsbegriff in der Berliner Bildungslandschaft durchgesetzt, nach dem sich sechs Begabungstypen identifizieren lassen. Diese sind:
Kinder und Jugendliche zeigen unter günstigen Entwicklungs- und Entfaltungsbedingungen zum Teil bereits sehr früh Präferenzen für eine oder mehrere der Begabungsdomänen.
Jedes Kind verfügt über einzigartige Stärken und Interessen. Die Kindertagesstätte bietet Kindern im Alltag und in spezifischen Angeboten vielfältige Gelegenheiten, ihre individuellen Kompetenzen sach- und handlungsbezogen aufzubauen und zu stärken. Ziel ist es, Kindern passgenaue Herausforderungen zu bieten, die ihre Entwicklung in den verschiedenen Kompetenzbereichen unterstützen, ohne Über- oder Unterforderung zu verursachen. Die Bildungsprozesse knüpfen dabei an das unmittelbare Erleben, die Erfahrungen und die Lebenswelt der Kinder an.
Durch aufmerksame Beobachtung und aktives Zuhören seitens der pädagogischen Fachkräfte können die Erfahrungen, Themen und Spielwelten der Kinder als Ausgangspunkt für die Förderung dienen, die das Kind in seiner individuellen Entwicklung unterstützen. Die kindlichen Bildungsverläufe werden dokumentiert und in einem Portfolio visualisiert. So lassen sich in Gesprächen mit dem Kind und mit den Eltern individuelle Fortschritte und Begabungen ebenso wie Entwicklungsfelder identifizieren und Fördermöglichkeiten ableiten.
In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, ein Kind frühzeitig einzuschulen.
Konkrete Impulse für das Erkennen und Fördern von Begabungen im Kita-Alltag bietet die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie 2023 herausgegebene Broschüre „Begabungen im Blick. Impulse für die pädagogische Arbeit in Kitas“.
Der Heilpädagogische Fachdienst Berliner Kiebitze bietet an verschiedenen Standorten in Berlin Beratung für Familien und pädagogische Fachkräfte zu weiterführenden Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten.
Der Projektfilm „Begabungen im Blick – Impulse für die pädagogische Arbeit“ des Berliner Kita-Instituts für Qualitästentwicklung gibt einen Einblick in das Selbstverständnis der pädagogischen Arbeit mit Kinder mit Begabung in Berliner Kindertagesstätten. Fachkräfte finden konkrete Impulse für das Erkennen und Fördern von Begabungen im Kita-Alltag in der von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie 2023 herausgegebenen kostenpflichtigen Broschüre „Begabungen im Blick. Impulse für die pädagogische Arbeit in Kitas“
Berliner Kita-Institut für Qualitästentwicklung: Begabungen in Kitas fördern
Das Berliner Bildungssystem verfolgt das Ziel, alle Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrer Fähigkeiten bestmöglich zu fördern und zu fordern. Diesem inklusiven Ansatz nach soll Kindern und Jugendlichen sowohl mit sonderpädagogischem Förderbedarf als auch mit besonderen Begabungen durch angepasste Methoden im Unterricht und zusätzliche Förderangebote die Entfaltung ihrer Fähigkeiten und Potenziale ermöglicht werden.
Schülerinnen und Schüler mit besonderen Begabungen und schnell Lernende brauchen dazu entsprechend die Möglichkeit, den Lehrplan in der Schule für sich durch herausfordernde zusätzliche Inhalte anzureichern (Enrichment) und Teile des Lehrplans schneller zu durchlaufen als es vorgesehen ist Akzeleration).
Ab der Grundschule können Schülerinnen und Schüler unter bestimmten Voraussetzungen bereits die Schulanfangsphase schneller absolvieren und Klassenstufen überspringen. In einzelnen Fächern kann der Unterricht in höheren Klassen besucht werden. Dies ist in der Grundschulverordnung in den Paragrafen 18 (1) und 22 (2) und (5) der Grundschulverordnung geregelt. Zudem werden an bestimmten Grundschulen Zusatzkurse, sogenannte Begabtengruppen am Nachmittag, angeboten.
Für Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe I besteht ebenfalls die Option Jahrgangsstufen zu überspringen, in einzelnen Fächern den Unterricht einer höheren Jahrgangsstufe, Kurse der regionalen Begabtengruppen am Nachmittag und sogar Hochschulveranstaltungen zu besuchen (Siehe Paragraf 18 Sekundarstufe I-Verordnung).
Die Entscheidung an vertiefenden Lernangeboten teilzunehmen oder Teile des Lehrplans schneller zu durchlaufen, bedarf eines gemeinsamen Abstimmungsprozesses zwischen der Schülerin oder dem Schüler, dem pädagogischen Personal und den Erziehungsberechtigten. Gegebenenfalls empfiehlt sich die Einbeziehung des Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ).
Die Diagnose einer Hochbegabung sollte sorgfältig und differenziert erfolgen. Denn eine kontinuierliche Unterforderung kann bei Kindern zu Langeweile und zu Verhaltensweisen führen, die als AD(H)S (Aufmerksamkeitsdefizit-/(Hyperaktivitäts-)störung), Autismus oder andere Störungen interpretiert werden. Eine sorgfältige Beobachtung und Diagnostik ist daher unerlässlich, um die individuellen Bedürfnisse des Kindes zu erkennen.
Es sollte stets hinterfragt werden, mit welcher Zielsetzung die Diagnostik erfolgt und ob diese wirklich hilfreich ist. Ziel sollte immer sein, Kinder bestmöglich zu fördern. Eine zeitgemäße Begabungsdiagnostik sollte individuell sein und das Kind mit seinen gesamten Entwicklungspotenzialen in den Mittelpunkt stellen. Ein standardisierter Intelligenztest (IQ-Test) kann dabei ein Baustein sein, reicht aber allein nicht aus.
Wichtig ist eine umfassende Betrachtung des Kindes bzw. des Jugendlichen unter Einbeziehung von Beobachtungen der pädagogischen Fachkräfte, der Eltern und gegebenenfalls psychologischen Fachpersonals. Eine pädagogisch-psychologische Diagnostik sollte neben der Bestimmung des Intelligenzquotientens (IQ) auch andere Fähigkeitsbereiche wie beispielsweise soziale, kreative Fähigkeiten, seine Motivation sowie Umweltbedingungen berücksichtigen.
Gut zu wissen: Bei nur etwa zwei Prozent aller Kinder und Jugendlichen liegt eine Hochbegabung vor, das heißt, sie verfügen über einen IQ von 130 oder mehr. Auch diese Kinder und Jugendlichen haben das Recht auf individuelle Förderung und Entfaltung ihrer Potentiale.
Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Begabungen im Schulalter können sich beim Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ) zu Möglichkeiten der Begabungsförderung beraten lassen. Im Kitaalter berät der Heilpädagogische Fachdienst „Berliner Kiebitze“ Familien und pädagogische Fachkräfte.
In Berlin gibt es 24 BegaSchulen. Das sind Grundschulen und weiterführende Schulen, die den Schülerinnen und Schülern mit besonderen Begabungen vertiefende Lernangebote – sogenannte „Bega-Kurse“ bieten. Diese decken alle Bereiche ab:
Die „Bega-Kurse“ finden in kleinen Gruppen jahrgangs- und schulartübergreifend statt. Die Kurse stehen auch Schülerinnen und Schülern anderer Schulen offen. Die Kurse und freie Plätze können Sie bei den Schulen erfragen.
Für Grundschülerinnen und Grundschüler mit besonderer Begabung besteht die Möglichkeit, bereits nach der vierten Klasse auf ein grundständiges Gymnasium zu wechseln.
Aktuell bieten fünf Schulen in Berlin ab der 5. Klasse mathematisch-naturwissenschaftliche Klassen für Schülerinnen und Schüler mit besonderer Begabung an. Um in einer mathematisch-naturwissenschaftlich profilierten Klasse zu lernen, müssen Sie einen entsprechenden Antrag für Ihr Kind stellen. Voraussetzung für die Aufnahme in eine solche Klasse sind die Noten in den Fächern Mathematik, Deutsch und Sachkunde in der 4. Klasse sowie ein Eignungstest.
In den sieben Berliner Schulen mit Schnelllerner-Klassen lernen die Schülerinnen und Schüler in allen Fächern schneller. Damit können sie bereits nach 12 Jahren das Abitur ablegen. Außerdem erhalten sie zusätzliche Wahlangebote in denen sie entsprechend ihren Neigungen Förderung bekommen und so nachhaltig ihre individuellen Stärken weiterentwickeln können.
Die Wahlangebote sind sogenannte Enrichment-Kurse, die das zu Lernende durch herausfordernde zusätzliche Inhalte anreichern. Sie beziehen sich nicht nur auf kognitive Begabungen, sondern umfassen ein breites Spektrum an vertiefenden und herausfordernden Inhalten. Dabei orientieren sie sich an den Lernbereichen:
Um nach der 4. Klasse in eine Schule mit Schnelllerner-Klassen wechseln zu können, müssen die Schülerinnen und Schüler eine Aufnahmeprüfung machen. Zudem sind die Leistungen in verschiedenen Fächern sowie einzelne Kompetenzen der Förderprognose der Grundschule ausschlaggebend.
Die Regionalen Begabtengruppen am Nachmittag bieten Schülerinnen und Schülern mit besonderen kognitiven Begabungen jahrgangs- und schulartübergreifend zusätzlichen Unterricht zu verschiedenen Themenfeldern an. Bei den Kursen kommen gleichinteressierte und gleichbefähigte Schülerinnen und Schüler zusammen. Sie erarbeiten Themenbereiche fachübergreifend und fächerverbindend und erwerben dabei neue Lernstrategien und Methodenkenntnisse.
Auch während der Ferien bietet Berlin Schülerinnen und Schülern mit besonderen Begabungen vielfältige Angebote. Lerncamps oder Sommerakademien ermöglichen ihnen neue intellektuelle Herausforderungen neben gleichzeitigen Erholungsmöglichkeiten. Es gibt verschiedene Angebote für die unterschiedlichen Klassenstufen. Wer bei den Sommercamps und Sommerakademien dabei sein möchte, muss sich rechtzeitig anmelden.
Neben den Angeboten des Landes Berlin gibt es eine große Anzahl von Stiftungen, Vereinen und Institutionen, die die Förderung von jungen Menschen mit besonderer Begabung unterstützen. Eine Übersicht der vielfältigen Angebote finden Sie bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.
Neben dem wohl bekanntesten Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler „Jugend forscht“ gibt es eine Vielzahl von weiteren Wettbewerben. Das Angebot reicht dabei von politischer Bildung und politischem Engagement über Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MINT) über Sprachen bis hin zu Sport, Kultur und Medien. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat eine umfassende Übersicht der zahlreichen Wettbewerbe für Schülerinnen und Schüler zusammengestellt.
An den Berliner Universitäten können Schülerinnen und Schüler mit besonderer Begabung im Rahmen eines Frühstudiums bereits während ihrer Schulzeit ihren Talenten und Neigungen nachgehen. Die Universitäten bieten dafür besondere Veranstaltungen an oder nehmen sie als Gasthörerinnen und Gasthörer auf.