Diagnose einer Behinderung oder chronischen Krankheit in der Schwangerschaft

Eine Schwangere bespricht mit ihrer Ärztin die Untersuchungsergebnisse.

Mit Untersuchungen vor der Geburt ist es möglich, bestimmte Auffälligkeiten, Krankheiten oder Behinderungen bei Ihrem ungeborenen Kind festzustellen. Welche Untersuchungen gibt es und wie geht es nach einer möglichen Diagnose weiter, die mit schwerwiegenden Entscheidungen verbunden sein kann?

Eine Frage, die sich wohl alle werdenden Eltern stellen ist, ob das Kind gesund sein wird. Heute gehören Untersuchungen während der Schwangerschaft, die sogenannte Pränataldiagnostik oder kurz PND, als fester Bestandteil zum medizinischen Angebot für Schwangere. Die Pränataldiagnostik fasst Untersuchungen und Tests zusammen, die über die „normalen“ Vorsorgeuntersuchungen hinausgehen.

Bei diesen Untersuchungen geht es um das Wohl der Mutter und des Kindes. Bei der pränatalen Diagnostik lassen sich auch angeborene Erkrankungen, Chromosomenanomalien wie zum Beispiel Trisomie 21 (Down-Syndrom) und genetische Defekte feststellen. 

Bei den Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft lässt sich grundsätzlich zwischen zwei Arten unterscheiden. Sogenannte nicht-invasive und invasive Methoden.

Nichts kann individuelle Beratung ersetzen

Dieser Artikel ist keine medizinische Beratung. Wir geben Ihnen im Folgenden eine grundsätzliche informelle Übersicht über verschiedene Untersuchungsmethoden während der Schwangerschaft – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. 

Welche Untersuchungen für Sie selbst in Frage kommen, ist von vielfältigen individuellen Faktoren abhängig. Etwa eine Schwangerschaft ab 35 Jahren, eigene Vorerkrankungen oder andere Risikofaktoren während der Schwangerschaft. Daher klären Sie direkt im individuellen Gespräch mit Ihrer Frauenärztin beziehungsweise Ihrem Frauenarzt oder Ihrer Hebamme beziehungsweise Ihrem Entbindungspfleger, welches Vorgehen für Sie persönlich angeraten ist.

Welche Vorsorgeuntersuchungen gibt es in der Schwangerschaft?

  • Nicht-invasive Untersuchungen

    Nicht-invasiv bedeutet, dass die Untersuchung von außen oder durch einen Bluttest stattfindet. Die Integrität des Körpers bleibt gewahrt. Zu den nicht-invasiven Untersuchungen zählen:

    Ultraschall

    Die bekannteste Untersuchung in der Schwangerschaft ist sicher der Ultraschall. Die Ultraschalluntersuchung zwischen der neunten und zwölften Schwangerschaftswoche ist zwingend erforderlich. Die Untersuchung dient dazu festzustellen, ob sich der Embryo beziehungsweise Fötus richtig in der Gebärmutter eingenistet hat und keine Bauchhöhlenschwangerschaft vorliegt. Aus der Größe und dem Kopfdurchmesser des Embryos kann die Ärztin beziehungsweise der Arzt das Alter und den voraussichtlichen Geburtstermin errechnen.

    Im Laufe der Schwangerschaft, verfolgen Ärztinnen und Ärzte immer wieder die Entwicklung des Fötus mit Ultraschall-Untersuchungen.

    Weitere nicht-invasive Untersuchungen

  • Invasive Untersuchungen

    Der Begriff invasiv bedeutet eindringend. Bei invasiven Untersuchungen wird die Integrität des Körpers nicht gewahrt.

    Invasive Methoden können unter Anderem zum Einsatz kommen, um eine Diagnose durch eine nicht-invasive Untersuchung zu bestätigen, wenn bei der Mutter ein erhöhtes Risiko für eine Stoffwechselerkrankung vorliegt oder beziehungsweise bei Mutter oder Vater genetische Erkrankungen bekannt sind. Zu den invasiven Untersuchungen zählen:

    Aufklärung über Nutzen und Risiken unentbehrlich

    Invasive Untersuchungen sind nicht ohne Risiko und können in seltenen Fällen eine Fehlgeburt auslösen. Daher ist es unerlässlich, dass Sie vor möglichen Untersuchungen aus ausführliches Aufklärungsgespräch mit Ihrer Ärztin beziehungsweise Ihrem Arzt führen. Zudem haben Sie einen Anspruch auf die Hilfe einer Schwangerschaftsberatungsstelle. Ihre Ärztin oder Arzt muss Sie auf Ihren Wunsch an eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe vermitteln.

Recht auf Nicht-Wissen

Sie haben das Recht, über Auffälligkeiten bei Untersuchungen nicht informiert zu werden. Das bedeutet: Ärztinnen, Ärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger informieren Sie nicht, wenn ihnen etwas auffällt.

Wenn Sie nichts über auffällige Untersuchungen wissen möchten, müssen Sie dies der Ärztin oder dem Arzt sagen. In der Regel müssen Sie dann eine entsprechende Erklärung unterschreiben, in der Sie bestätigen, dass Sie nichts über Behinderungen oder Krankheiten des Babys wissen wollen.

Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit

Eine Diagnose kann nicht immer eine hundertprozentige Sicherheit geben. Zum einen besteht vor allem bei nicht-invasiven Untersuchen die Gefahr eines falsch-positiven Ergebnisses. Das heißt in der Untersuchung wird fälschlicherweise eine Beeinträchtigung des Kindes diagnostiziert, obwohl das Kind tatsächlich gesund ist. Daher empfehlen Fachgesellschaften solche Diagnosen durch eine andere Untersuchung zu bestätigen.

Auf der anderen Seite können die Untersuchungen nur einen kleinen Teil der chronischen Krankheiten oder Behinderungen diagnostizieren. Viele lassen sich nur sehr spät in der Schwangerschaft, nach der Geburt oder gar erst beim Heranwachsen diagnostizieren. 
 

Hilfen in der Schwangerschaft nach einer Diagnose

Trotzdem ist möglich, dass durch die Untersuchungen der Verdacht oder ein erhöhtes Risiko für eine Behinderung oder eine chronische Erkrankung des Kindes auftaucht oder bestätigt wird.

Eltern, die ein solches Ergebnis bekommen, befinden sich in einer absoluten Ausnahmesituation. Sie brauchen Zeit, die Nachricht zu verarbeiten. Die Eltern stehen am Beginn eines schweren Entscheidungsweges, auf dem sie für sich auch die Frage beantworten müssen, ob sie das Kind bekommen oder nicht. Es ist gut zu wissen, dass Eltern diesen Weg nicht allein gehen müssen. Neben den regulären Hilfen für Schwangere, gibt es ein breites Angebot an spezieller Beratung und Unterstützung.

Wenn in der Schwangerschaft eine mögliche Beeinträchtigung des Kindes festgestellt wird, stehen Ihnen besondere Hilfen zu. Dazu zählen medizinische Maßnahmen wie weitere abklärende Untersuchungen und wenn möglich, vorgeburtliche Therapien für das Kind. Sie haben zudem Anspruch auf eine psychosoziale Begleitung durch eine Schwangerschaftsberatung.

Sorgfältig entscheiden

Neben den Beratungsstellen kann auch der Kontakt zu Selbsthilfegruppen bei einer Entscheidung helfen. Eltern, deren Kinder eine entsprechende Behinderung haben, reden ehrlich über die Herausforderungen im Alltag, können aber auch aufzeigen, dass ein Leben mit einer Einschränkung ein gutes und bereicherndes Leben sein kann – für das Kind selbst als auch für die Familie und nicht zuletzt für die Gesellschaft. 

Letztendlich ist es aber Ihre höchstpersönliche Entscheidung. Es sollte niemand versuchen Sie zu beeinflussen oder Druck aufbauen, eine bestimmte Entscheidung zu treffen. Ziel der Beratung und des Austauschs muss immer sein, dass Sie sich selbst ein möglichst gutes Bild Ihrer Situation machen und die Entscheidung aufgeklärt selbst – beziehungsweise gemeinsam mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin – treffen können. Es gibt genauso gute Gründe sich für einen Abbruch zu entscheiden wie dafür, das Kind auszutragen.  

Das familiäre und gesellschaftliche Umfeld ist gefordert, Ihre persönliche Entscheidung zu akzeptieren.

Unterstützung und Angebote für Eltern mit einem beeinträchtigten Kind

Die Tage, Wochen und Monate nach der Geburt sind für alle Eltern aufregend, turbulent und anstrengend. Wenn das Baby durch eine Behinderung oder chronische Krankheit geistig oder körperlich beeinträchtigt ist, kann die Belastung für die Eltern zusätzlich steigen.

Deswegen können familienentlastende Dienste wie etwa eine Haushaltshilfe oder ambulante Pflegedienste dabei helfen, das Kind zu Hause zu betreuen. Verhinderungspflege und Kurzeitpflege helfen, wenn Sie sich beispielsweise wegen eigener Krankheit vorübergehend nicht um das Kind kümmern können.

Bei Wohlfahrts-, Behinderten- und Elternverbänden bekommen Sie kostenlose Beratung zu finanziellen Hilfen und Rechtsansprüchen. Auskünfte und Beratung bekommen Sie zudem bei den Berliner Jugendämtern sowie bei den Kranken- und Pflegkassen.

Frühförderung und Frühe Hilfen nutzen

Wie sich ein Kind entwickelt, lässt sich nicht voraussagen – ob mit oder ohne Beeinträchtigung. Die Frühförderung kann einige Beeinträchtigungen ausgleichen. Sie können sich bereits nach einer Diagnose in der Schwangerschaft mit einer Frühförderstelle in Berlin in Verbindung setzen.

Viele Frühförderstellen arbeiten interdisziplinär. Das bedeutet, dass unterschiedliche Fachbereiche wie beispielsweise Medizin, Heilpädagogik, Psychologie, Physio- und Ergotherapie und Logopädie zusammenarbeiten, um eine auf den individuellen Fall ganzheitlich angepasste Therapie zu ermöglichen.

Bei den Frühen Hilfen finden Familien mit einem Kind mit Behinderung unbürokratische Hilfe und vielfältige Angebote. Familienhebammen, Familien-Gesundheits- und Kinderpflegerinnen oder Ehrenamtliche beraten Sie bei Bedarf im Umgang mit dem Säugling. In jedem Berliner Bezirk gibt es Ansprechpartner und -partnerinnen, die dabei helfen, das passende Angebot für Sie zu finden.

Expertise in eigener Sache: Selbsthilfegruppen

Nicht immer ist der Rat von Fachleuten die richtige Hilfe. Vielen Eltern von Kindern mit Behinderung oder einer chronischen Krankheit schätzen daher den Austausch mit anderen betroffenen Müttern und Vätern in einer Selbsthilfegruppe. Sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Sie wissen um die Hürden des Hilfesystems, kennen die Tricks und Kniffe im Umgang mit Ämtern, Krankenkassen und Verbänden und unterstützen dabei, berechtigte Ansprüche durchzusetzen.

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