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Vielen Kindern fällt das Lernen hin und wieder schwer. Doch für Eltern ist es oft nicht einfach zu erkennen, wann ihr Kind eine besondere Unterstützung braucht. In Berlin gibt es vielfältige Förder- und Beratungsangebote für betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen auf einen Blick.
Fast alle Kinder haben mal keine Lust auf Hausaufgaben. Manchmal träumen sie im Unterricht vor sich hin oder machen lieber etwas anderes als zu lernen. Das ist völlig normal und gehört zum Großwerden dazu.
Wenn Kinder aber trotz großer Anstrengung nicht mitkommen und sich Frust breit macht, kann es sein, dass mehr dahintersteckt. Zum Beispiel eine Lernschwierigkeit. Lernschwierigkeiten sind keine Seltenheit und kein Grund zur Scham. Sie sagen nichts über die Intelligenz oder den Wert eines Kindes aus.
Lernschwierigkeiten oder auch Lernschwächen können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Sie können auch durch besondere Voraussetzungen im Gehirn auftreten, die beeinflussen, wie ein Kind Informationen aufnimmt, verarbeitet und speichert. Diese Fähigkeiten sind für das schulische Lernen besonders wichtig.
Lernschwierigkeiten zeigen sich oft schon in der Grundschule, wenn Kinder wichtige Grundlagen lernen: lesen, schreiben und rechnen. Manche Kinder tun sich in einem oder mehreren dieser Bereiche besonders schwer und benötigen mehr Zeit als andere Kinder ihrer Altersgruppe.
Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum ein Kind beim Lernen Schwierigkeiten hat. Die Ursachen und auch die Anzeichen können sehr verschieden sein. Deshalb ist es wichtig, genau hinzuschauen und sich bei Unsicherheit an Fachpersonen, wie zum Beispiel Lehrkräfte oder Fachärztinnen oder Fachärzte zu wenden. Einige gängige Anzeichen von Lernschwierigkeiten sind vorhanden, wenn Ihr Kind:
Einige Kinder haben große Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben, oder bei beidem. Sie brauchen oft viel länger als andere Kinder, um Wörter zu erkennen oder richtig aufzuschreiben. Diese Schwierigkeiten nennt man Lese-Rechtschreibschwierigkeiten, kurz LRS. Fachärztinnen und Fachärzte verwenden auch den Begriff „Legasthenie“.
Meist erkennen die Deutschlehrkräfte in der Grundschule die ersten Anzeichen einer LRS. Sie beobachten das Kind genau und können nach Rücksprache mit den Eltern eine passende Förderung veranlassen. In vielen Schulen gibt es dafür speziell geschulte LRS-Lehrkräfte, die sich mit dem Thema gut auskennen. Die Förderung erfolgt im Unterricht, in Förderstunden und gegebenenfalls durch ergänzende Lernangebote.
Ab der siebten Klasse können zusätzlich die Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungszentren (SIBUZ) dabei helfen, die Situation genau zu klären und Fördermöglichkeiten zu besprechen.
Rechnen lernen fällt nicht allen Kindern leicht. Einige Kinder verstehen Zahlen, Mengen oder Rechenwege von Anfang an nur schwer. Auch mit Übung gelingt es ihnen oft nicht, ein gutes Verständnis für Mathematik zu entwickeln. In solchen Fällen spricht man von Rechenschwierigkeiten, manchmal auch von einer stark ausgeprägten Rechenschwäche.
Oft wird bei Rechenschwierigkeiten auch der Fachbegriff „Dyskalkulie“ verwendet. Das klingt nach einer medizinischen Diagnose, doch im schulischen Alltag geht es meist nicht um eine Krankheit, sondern um stark ausgeprägte Schwierigkeiten beim Rechnen. Diese Schwierigkeiten können viele Ursachen haben können und einer gezielten individuellen Förderung bedürfen.
Die Mathematiklehrkraft ist die erste Ansprechperson. Sie prüft, wo genau die Schwierigkeiten liegen und plant gemeinsam mit der Schulleitung und Ihnen eine passende Förderung für Ihr Kind. Auch hier wird ein individueller Förderplan erstellt.
Rechenschwierigkeiten – Informationen für Eltern (PDF)
Einige Kinder haben große Schwierigkeiten, sich längere Zeit zu konzentrieren oder ruhig zu bleiben, auch wenn sie es eigentlich wollen. Sie sind schnell abgelenkt, handeln oft impulsiv und haben Mühe, still zu sitzen oder dem Unterricht aufmerksam zu folgen.
Diese Kinder bekommen häufig die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung oder kurz ADHS. Kinder mit ADHS brauchen nicht mehr Strenge, sondern Verständnis und passende Unterstützung.
ADHS ist eine neurologische Besonderheit, also eine besondere Art, wie das Gehirn Reize verarbeitet. Kinder mit ADHS sind weder faul noch schlecht erzogen. Sie brauchen klare Strukturen, viel Bewegung und individuelle Lernwege.
In der Schule können folgende Maßnahmen helfen:
Für eine fundierte Diagnose und weiterführende Hilfe können Sie sich an Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, psychologische Fachstellen oder an die Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungszentren (SIBUZ) wenden.
Einige Kinder wirken im Alltag besonders ungeschickt oder tollpatschig. Sie stoßen öfter an, lassen Dinge fallen oder tun sich schwer mit feinmotorischen Aufgaben wie dem Schneiden mit der Schere oder dem Schreiben mit dem Stift.
Diese Auffälligkeiten können auf eine Dyspraxie hinweisen, eine Koordinations- und Entwicklungsstörung, bei der Bewegungen und Abläufe nicht altersgerecht ausgeführt werden können. Das betrifft sowohl die Grobmotorik, wie zum Beispiel beim Laufen oder Springen, als auch die Feinmotorik, wie zum Beispiel beim Schreiben, Malen oder Schneiden.
In der Schule kann Dyspraxie dazu führen, dass Kinder:
Mit gezielter Förderung, zum Beispiel durch Ergotherapie, unterstützende Lehrmethoden oder besondere Hilfsmittel, können betroffene Kinder gute Lernfortschritte machen.
Eine ärztliche oder therapeutische Diagnostik hilft, den Unterstützungsbedarf genau einzuschätzen. Die Schule kann gemeinsam mit den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungszentren (SIBUZ) und Fachkräften aus der Therapie passende Maßnahmen entwickeln.
Auch hochbegabte Kinder können im Schulalltag auffallen, allerdings nicht immer durch gute Noten. Viele begreifen Zusammenhänge sehr schnell, denken komplexer als Gleichaltrige und sind außergewöhnlich wissbegierig.
Wenn sie im Unterricht unterfordert sind, können sie unruhig werden, sich zurückziehen oder scheinbar „keine Lust“ auf Schule haben. Manche verweigern Aufgaben, träumen vor sich hin oder wirken unkonzentriert, obwohl sie großes Potenzial haben.
In solchen Fällen ist es wichtig, genau hinzuschauen: Zeigt das Kind vielleicht Langeweile statt Desinteresse? Wirkt es unmotiviert, weil der Unterrichtsstoff nicht herausfordernd genug ist?
Anzeichen für Hochbegabung können sein:
Ob ein Kind hochbegabt ist oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Checklisten und Online-Tests sind kein geeignetes Mittel für eine Diagnose. Sie können, wenn überhaupt, nur Anhaltspunkte liefern. Diese sollten Sie dann aber professionell, etwa bei einer Kinderpsychologin oder einem Kinderpsychologen, abklären lassen.
Auch hochbegabte Kinder brauchen eine passende Förderung, zum Beispiel durch besondere Projekte, vorzeitige Einschulung oder das Überspringen von Klassen. Die Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungszentren (SIBUZ) können Eltern und Schule dabei beraten, wie die Stärken des Kindes bestmöglich unterstützt werden können.
In unserem Artikel zum Thema finden Sie mehr Informationen zur Begabungsförderung in Berlin.
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kind beim Lernen über längere Zeit Probleme hat, sollten sie das Gespräch mit der Klassenleitung oder der Fachlehrkraft suchen. Auch Lehrkräfte können auf Lernschwierigkeiten aufmerksam machen.
Die Schule beobachtet dann den Lernstand des Kindes genauer und entscheidet über geeignete Fördermaßnahmen. Dafür erstellt die Schule in der Regel einen individuellen Förderplan. Ziel ist es, die Lernentwicklung gezielt zu unterstützen.
Schülerinnen und Schüler mit diagnostizierten Lernschwierigkeiten erhalten zusätzliche Unterstützung, im Unterricht und bei Leistungsbewertungen. Ein individueller Förderplan beschreibt genau, was das Kind braucht und wie Lehrkräfte und anderes pädagogisches Personal es im Unterricht besonders unterstützen können. Diese Maßnahmen sollen dabei helfen, dass Kinder trotz Schwierigkeiten ihre schulischen Fähigkeiten zeigen können.
Kinder mit Lernschwierigkeiten brauchen oft andere Lernbedingungen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Zum Beispiel mehr Zeit, eine ruhigere Lernumgebung oder spezielle Materialien, die den Lernstoff besser erklären. Diese gezielte Förderung findet direkt innerhalb des Unterrichts oder als Förderunterricht zusätzlich zur regulären Schulzeit statt.
Die Förderung im Förderunterricht kann zum Beispiel so aussehen:
Ein Kind mit Lese-, Rechtschreib- oder Rechenschwierigkeiten soll zeigen können, was es weiß, ohne durch seine Schwächen benachteiligt zu werden. Dafür gibt es den sogenannten Nachteilsausgleich.
Das bedeutet: Die Bedingungen für Klassenarbeiten oder Tests werden so angepasst, dass das Kind trotz seiner Schwierigkeiten eine faire Chance hat. Der Nachteilsausgleich verändert nicht den Lernstoff oder das Lernziel. Er hilft dem Kind, seine Fähigkeiten unter passenden Bedingungen zu zeigen.
Mögliche Maßnahmen sind zum Beispiel:
Manchmal sind die Schwierigkeiten so stark, dass selbst mit Förderung und Nachteilsausgleich eine Benotung nicht fair ist. In solchen Fällen können Eltern in Absprache mit den verantwortlichen Lehrkräften einen sogenannten Notenschutz beantragen.
Notenschutz ist ein Schutz für das Kind, damit es trotz seiner Anstrengungen nicht entmutigt wird. Die Entscheidung trifft die Schulleitung, nachdem die Lehrkräfte und Eltern gemeinsam beraten haben.
Der Notenschutz kann zusätzlich zum Nachteilsausgleich und zur speziellen Förderung beantragt werden. Dann steht anstatt einer Zeugnisnote im Zeugnis „o.B.“ (ohne Bewertung).
Beispiele für Notenschutz sind:
Wenn das Lernen schwerfällt, sind die Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) in Berlin eine wichtige Anlaufstelle für Eltern, Kinder und Schulen. In jedem Berliner Bezirk gibt es ein solches Zentrum.
Dort arbeiten Fachleute für Schulpsychologie und Pädagogik, die sich auf Lern- und Entwicklungsfragen spezialisiert haben. Sie nehmen sich Zeit, hören zu und helfen weiter, ganz ohne Stress.
Die SIBUZ bieten unter anderem:
Alle Angebote sind kostenlos, vertraulich und neutral. Sie können sich direkt an das SIBUZ in Ihrem Bezirk wenden, ganz unkompliziert per Telefon, E-Mail oder mit einem Termin vor Ort. Auch Schülerinnen und Schüler können selbst Kontakt aufnehmen, wenn sie Unterstützung wünschen.
Manche Kinder brauchen mehr Unterstützung als die Schule allein leisten kann. Zum Beispiel, wenn die Lernschwierigkeiten schon sehr lange bestehen, besonders ausgeprägt sind oder mit anderen Problemen wie Schulangst, starken Selbstzweifeln oder seelischer Belastung verbunden sind.
In solchen Fällen kann eine außerschulische, integrative Lerntherapie (ILT) eine gute Ergänzung sein. In Berlin gibt es mehrere Anbieter, wie zum Beispiel die Berliner Legasthenie-Zentren unter dem Dachverband des Legasthenie-Zentrum Berlin e. V., die Duden-Institute für Lerntherapie sowie die Initiative Lerntherapie. Die Fachkräfte dort nehmen sich viel Zeit, um gemeinsam mit dem Kind und den Eltern die Ursachen der Lernprobleme zu verstehen und passende Wege zu finden, damit das Lernen wieder besser gelingt.
Zum Angebot gehören unter anderem:
Hilfreich bei der Suche nach zertifizierten Lerntherapeuten ist auch der Fachverband für Integrative Lerntherapie. Auch die Jugendämter, bei denen die Kostenübernahme beantragt werden muss, können bei der Therapeutensuche helfen.
Lernschwierigkeiten können jedes Kind betreffen. Wichtig ist, frühzeitig zu handeln. In Berlin stehen Familien viele Möglichkeiten zur Verfügung, um ihr Kind zu unterstützen und auch auf Bundesebene gibt es Institutionen und Verbände, die vielfältige Informationen und Angebote bieten: